Keine unabhängigen Ansprechpersonen für Betroffene im Bistum Hildesheim

Pressemitteilung veröffentlicht am 4. Januar 2024

Betroffenenrat Nord kritisiert das Handeln der Bistumsleitung.

Mit Bestürzung nehmen wir als Betroffenenrat Nord wahr, dass das Bistum Hildesheim seit dem 1. Januar 2024 über keine einzige unabhängige Ansprechperson für Betroffene von sexualisierter Gewalt mehr verfügt. Alle Stellen sind unbesetzt und über eine konkrete Neubesetzung gibt es derzeit noch keinerlei Informationen.

Auch die internen Stellen „Referent:in für Prävention“ und „Referent:in für Intervention“ bei der Stabsabteilung Prävention, Intervention und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt sind unbesetzt.

Nach den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz beauftragt der jeweilige Bischof min­destens zwei unabhängige Ansprechpersonen, die nicht im aktiven Dienst des Bistums stehen. Ihre Aufgabe ist es u. a., Betroffene von sexualisierter Gewalt durch Kleriker oder Mitarbeiter:innen im kirchlichen Dienst zu begleiten und sie beim Antrag auf Anerkennung des Leids zu unterstützen. Auch für Mitarbeiter:innen des Bistums, die Kenntnisse von sexuellen Übergriffen erlangen, sind sie ansprechbar, um die notwendigen Schritte einzu­leiten. Zudem sind die unabhängigen Ansprechpersonen Bestandteil aller Schutzkonzepte in Pfarreien und kath. Institutionen im Bistum.

„Wer erfüllt nun all´ diese Aufgaben? An wen können sich Betroffene, die reden wollen, nun wenden?“, fragt sich Norbert Thewes vom Sprecherteam des Betroffenenrats.

Zwei der zuvor vier Ansprechpersonen (darunter der einzige Mann im Team) sind Ende des Jahres 2022 bereits ausgeschieden, obwohl zumindest eine gerne weiterhin tätig gewesen wäre. Zum 31.12.2023 endete nun auch die Berufung der beiden weiteren unabhängigen Ansprechpersonen, ohne dass neue Ansprechpersonen beauftragt sind. Auch diese beiden hatten im Vorfeld Bereitschaft signalisiert, weiter tätig zu sein.

Als Betroffenenrat Nord haben wir uns bereits im Oktober 2022 an die drei Nordbistümer gewandt, um auf die Wichtigkeit der Ansprechpersonen, ihrer Auswahl, Vorbereitung und der Kontinuität ihrer Arbeit hinzuweisen. Auch die notwendige Einarbeitung neuer Perso­nen - möglichst durch die erfahrenen, damit ein reibungsloser Übergang stattfinden kann – wurde angefragt. Unser Fragenkatalog umfasste insgesamt 21 konkrete Fragen. Konkrete Antworten aus Hildesheim kamen nie.

Zuletzt mahnte Norbert Thewes bei unserer Gedenkveranstaltung am 18.11.2023 im Kreis­haus in Hildesheim in seiner Begrüßung:

„Neue Ansprechpersonen, die so wichtig und dringend notwendig sind für die Spurensuche und Aufarbeitung sind, so unser Kenntnisstand heute, noch nicht klar im Blick. Und das, ob­wohl wir als Betroffenenrat schon vor über einem Jahr gegenüber dem Bistum die Wichtig­keit und Notwendigkeit thematisiert haben. Welches Signal wird hier gegenüber Betroffe­nen gesetzt?“

Für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche sind es in erster Linie die unabhängigen Ansprechpersonen, die im geschützten Rahmen den Sprachraum für das Unaussprechliche öffnen. In einen direkten Kontakt mit der Kirche können viele Betroffene nicht treten, da die Täter aus eben dieser Kirche kamen.

„Viele Betroffene und auch wir vom Betroffenenrat haben die Bistumsleitung im vergan­genen Jahr immer wieder gebeten, die Berufungen der beiden verbliebenen Ansprechper­sonen zu verlängern. Beide Ansprechpersonen haben richtig gute Arbeit geleistet und waren wichtige Vertrauenspersonen für viele Betroffene, die Schlimmstes erlebt haben. Warum dies nicht geschehen ist und nun niemand mehr da ist, ist uns unbegreiflich und ein harter Schlag für Betroffene – zumal bald eine neue Aufarbeitungsstudie mit Blick auf Betroffene starten soll“, so Nicole Sacha, die Mitglied im Betroffenenrat Nord ist und in der Unabhän­gigen Aufarbeitungskommission Nord die neue Studie mit vorbereitet.

Bischof Dr. Wilmer antwortete auf dem Podium unserer Gedenkveranstaltung auf die ent­sprechende Frage, dass er die Namen der neuen Ansprechpersonen bereits gesehen habe. Das ist sieben Wochen her!

Nun stehen wir am Beginn des Jahres 2024 – ohne Ansprechpersonen und ohne Refe­rent:innen an so wichtigen Stellen im Bistum Hildesheim. Sieht so die bischöfliche Zusage: „Ich stehe an Ihrer Seite“ aus?


Kontakt zur Unabhängigen Aufarbeitungskommission für Betroffene

aufarbeitungskommission@betroffenenrat-nord.de

Kontakt zum Betroffenenrat Nord

Ilona Düing, Raphael Ohlms, Norbert Thewes

sprecherteam@betroffenenrat-nord.de

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