Jahresrückblick 2024 – Jahresausblick 2025

Pressemitteilung veröffentlicht am 6. Januar 2025

Die erste Woche des neuen Jahres, Zeit für eine Rückschau, was in den Bistümern des Nordens 2024 nicht passiert und auch passiert ist, und Zeit für einen Blick nach vorne.

In den drei (Erz-)Bistümern Hamburg, Hildesheim und Osnabrück der Metropolie ist der Umgang mit Aufarbeitung sexualisierter Gewalt und vor allem auch der mit den Betroffenen äußerst different.

Einige Punkte einigen die Bistümer der Metropolie:

  • Alle drei sind weiterhin Teil des sehr intransparenten Verfahrens zur Anerkennung des Leids der Deutschen Bischofskonferenz – um einen proaktiven Einsatz für Änderungen des Systems haben wir mehrfach eindringlich gebeten.
  • Alle drei haben bisher nicht erklärt, bei Klagen generell auf die Einrede der Verjährung zu verzichten – auch hierzu hatten wir eine entsprechende Stellungnahme abgegeben.
  • Alle drei informieren bisher weder die Gemeinden und Institutionen über Täter in der je eigenen Historie, noch benennen sie öffentlich einzelne Täter – auch wenn Betroffene dies nachdrücklich wünschen und es äußerungsrechtlich möglich wäre.
  • Alle drei stehen beim Weg einer wirklichen Erinnerungskultur, verstanden als Vergegenwärtigungskultur, erst am Anfang – positiv ist hier zu benennen, dass die Bistümer in diesem Jahr das Priestergedenken aus dem öffentlichen Direktorium gestrichen und eine gemeinsame Arbeitsgruppe zum Umgang mit problematischem Liedgut eingesetzt haben.

In anderen Punkten ergeben sich deutliche Unterschiede:

Ein Blick ins Bistum Osnabrück

Einschneidend war hier die Veröffentlichung des Abschlussberichts der Studie im Oktober und damit der Blick auf über 400 Betroffenen sexualisierter Gewalt (im Hellfeld), auf verharmlosende Narrative und erschütternde Zeugnisse der Folgen der Taten und des institutionellen (Nicht-)Handelns. „Der diözesane Schutzprozess im Bistum Osnabrück mit einer unabhängigen Monitoring-Gruppe und der Einrichtung der Stellen einer Unabhängigen Beauftragten und einer Ombudsperson hat Leuchtturmcharakter in der Metropolie“, so Ilona Düing, Co-Sprecherin des Betroffenenrats Nord, „Konkrete Maßnahmen, die aus den Erkenntnissen der Studie folgen, sind Aufgaben für 2025, dazu gehört auch eine bessere Verknüpfung von Monitoring-Gruppe und Aufarbeitungskommission“, so Düing weiter. Dass Bischof Dominicus aktiv das Gespräch mit dem Sprecherteam sucht und Aufarbeitung und die Vergegenwärtigungskultur als zentrale Aufgaben beim Neujahrsempfang nannte, stärkt die Hoffnung, dass der Schutzprozess auch unter seiner Bistumsleitung weiterhin beispielhaft bleibt.

Ein Blick ins Bistum Hildesheim

Der Rückblick auf das Jahr 2024 fällt für das Bistum Hildesheim uneinheitlich aus. Positiv ist hier die wertschätzende und betroffenensensible Zusammenarbeit auf der operativen Ebene der Stabsstelle zu nennen, ebenso wie die Ankündigungen einer dritten Studie sowie einer Lotsen- und einer Ombudsstelle für 2025. Hier wurde und wird die Betroffenenperspektive recht konsequent angefragt und in Entscheidungen einbezogen.
An anderen Stellen wurde einiges Porzellan zerschlagen:

So verhielt es sich bei der Entscheidung um die Umbettung von Bischof Janssen aus der Bischofsgruft. „Nach der Veröffentlichung weiterer Betroffenenmeldungen im Frühsommer hatte uns die Bistumsleitung zu Gesprächen eingeladen und eine Kompletträumung in Aussicht gestellt“, so Norbert Thewes vom Sprecherteam und weiter: „Wir hatten den Eindruck, dass unsere Argumente für eine Umbettung ernst genommen werden. Die Idee der Umwidmung kam hier von der Bistumsspitze selbst. Letztendlich wurden wir gehört – und ignoriert. Mit Verweis auf Angehörige von Bischof Machens wird Bischof Janssen nicht umgebettet. Das verstehe, wer kann – wir nicht.

„Dass sich im Frühjahr 2024 tausende Menschen mit dem Pfarrer von Wolfenbüttel solidarisiert haben, der sich vehement für Aufarbeitung einsetzt, Konsequenzen fordert und sein eigenes Amt in die Waagschale warf, hat immerhin unsere Hoffnung genährt, dass die Öffentlichkeit für unser Thema sensibilisiert ist.

Insgesamt hat 2024 gezeigt, dass Gespräche mit der Bistumsleitung in Hildesheim zunehmend schwieriger geworden sind. Vielleicht können 2025 neue Gesprächsfäden geknüpft werden. Die neue Studie und das gute Konzept einer Vergegenwärtigungskultur, das im Bistum existiert und der Umsetzung harrt, wären Anlässe.

Ein Blick ins Erzbistum Hamburg

Im Erzbistum Hamburg kommen wir insgesamt am wenigsten voran – die Kontakte mit der erweiterten Bistumsleitung sind recht konfrontativ und wenig wertschätzend. Eine proaktive Einbeziehung der Betroffenenperspektive in Entscheidungen der Stabsabteilung, die nach wie vor vom Generalvikar selbst geleitet wird, können wir nicht feststellen. Eine Lotsen- oder Ombudsstelle gibt es bisher ebenso wenig wie einen unabhängigen Schutzprozess oder Formen der Vergegenwärtigungskultur. Auch der Zwischenbericht der Unabhängigen Aufarbeitungskommission von 2024 zeigt, dass hier wenig Bereitschaft zu wirklicher Kooperation zu bestehen scheint und Datenschutz der Aufarbeitung vorgeordnet wird.

Dass die Osnabrücker Studie in ihrem „Hamburger Teil“ aufführt, dass weiterhin dringend tatverdächtige Kleriker öffentliche Würdigungen erfahren und Ruhestandsgeistliche, bei denen Anerkennungsleistungen an Betroffene geflossen sind, im Gemeindekontext tätig sind, irritiert uns nachhaltig. „Nein, auch die Aufarbeitungskommission Nord weiß hier nichts Näheres, weder Namen noch Tatvorwürfe“, so Nicole Sacha, eins der vom Betroffenenrat in die UAK Nord entsandten Mitglieder.

Insgesamt ergibt sich das Bild einer „Metropolie der drei Geschwindigkeiten“.

Wir hoffen, dass in 2025 das Bistum Osnabrück die Rolle des Pacemakers spielt, das Bistum Hildesheim seinen Abstand verringern kann und das Erzbistum Hamburg merkt, dass die anderen losgelaufen sind.

Kontakt zum Betroffenenrat Nord

Ilona Düing, Raphael Ohlms, Norbert Thewes

sprecherteam@betroffenenrat-nord.de

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